Das Valle dei Mòcheni Tal

Eine langsame Kolonisierung

Willkommen im Valle dei Mòcheni, oder Bersntol im mòchenischen Dialekt, wo sich der Wildbach Fersina durch Wälder und Berge schlängelt. In den kleinen Weilern und verstreuten Gehöften, an den steilen Hängen, verlangsamt sich die Zeit, und jeder Stein, jedes Haus erzählt eine Geschichte, die die Jahrhunderte überdauert hat, ohne jemals ihre Stimme zu verlieren.

I coloni contadini: i pionieri dei masi

Die Reise beginnt im 13. Jahrhundert, als Familien aus Bayern begannen, sich in diesen Bergen niederzulassen. Es handelte sich weder um eine Flucht noch um einen Krieg, sondern um eine langsame und geplante Kolonisierung, die wie alle Auswanderungen vom Hunger herführte: Lokale Herren luden Siedler ein, unbewohntes Land zu besiedeln, und versprachen ihnen Ackerland, Weideland und Wälder. Die Verbundenheit mit den Bergen war total: Jede Familie erhielt ein Gehöft - Haus, Stall, Scheune, Land und Wald - und pflegte es von Generation zu Generation.

Diese Siedler, die sogenannten „roncadori” (vom Verb „roncare”, auflockern), verwandelten Wälder und Weiden in Ackerland und brachten Werkzeuge, Wissen und Techniken der Berglandwirtschaft mit sich.

Die Hauptwohneinheit war das Gehöft, ein Komplex aus Haus, Stall, Scheune und umliegendem, oft eingezäuntem Land. Jeder Hof wurde unabhängig geführt und von Generation zu Generation weitergegeben. Dieses in den deutschsprachigen Alpengemeinden weit verbreitete Modell führte dazu, dass anstelle der traditionellen italienischen Dörfer Streusiedlungen entstanden, die das Tal mit einer eigentümlichen Landschaft und Kultur prägten.


Die Berglandwirtschaft - Getreide, Kartoffeln, Viehzucht - wurde durch Forstwirtschaft, Heuernte und handwerkliche Tätigkeiten ergänzt. Die geografische Abgeschiedenheit begünstigte die Bewahrung von Sprache und Traditionen und schützte die Gemeinschaft vor raschen äußeren Veränderungen.

© Istituto Culturale Mocheno - Thien Günther
Famiglia Jòckln., Fierozzo/Vlarotz Auserpèrg, anni ’60, sec. XX, Archif BKI, foto Günther Thien | © Istituto Culturale Mocheno - Thien Günther
Donna con aratro | © Istituto Culturale Mocheno
© Istituto Culturale Mocheno - Don Albino Laner
© Istituto Culturale Mocheno - Thien Günther
© Istituto Culturale Mocheno - Venzo Catullo

Die Bergleute: die tiefe Seele der Berge

Ab dem 14. Jahrhundert und vor allem zwischen dem 15. und 16. Jahrhundert erlebte das Tal einen zweiten Aufschwung: die Bergleute, die sogenannten "canòpi" (aus dem Deutschen Knappen), spezialisierten sich auf die Gewinnung von Kupfer, Zink, Blei und Silber. 

Diese Männer kamen aus germanischen Regionen mit Bergbauerfahrung und wurden Teil einer komplexen Wirtschaft, die den Bergbau, den Transport von Holz für die Schmelzöfen und den Bau von Infrastrukturen umfasste.

Die Bergwerke im Valle dei Mòcheni, die bereits um 1330 offiziell konzessioniert wurden, veränderten die Landschaft und das soziale Leben: Während die Siedler das Land an der Oberfläche bearbeiteten, gruben die Bergleute Stollen und schufen so eine parallele unterirdische Welt. Obwohl sie oft "abseits" der bäuerlichen Gemeinschaften lebten, prägten die canòpi das Gebiet nachhaltig. 

Als die Bergbautätigkeit aufgrund der Erschöpfung der Vorkommen oder der Kosten für den Abbau nachließ, blieben Spuren in Stollen, Wegen und lokalen Museen wie das Bergwerk-Museum Miniera dell'Erdemolo.  

Das Valle dei Mòcheni Tal: Zwischen Bauernhöfen, Bergwerken und alpinen Traditionen

Ein Gleichgewicht zwischen Erde und Fels

So gingen im Valle dei Mòcheni Landwirtschaft und Bergbau jahrhundertelang Hand in Hand. Die bäuerlichen Siedler schufen den Alltag an den Waldhängen, während die Bergleute die Tiefe, das Echo der Stollen und den Klang der Spitzhacke im Felsen brachten. Diese doppelte Seele – die Oberfläche und der Abgrund – hat die Gemeinschaft geprägt, die Sprache geformt und die Erinnerung an das Tal bewahrt.

Diese Kombination aus Arbeit, Kultur und Verbundenheit mit den Bergen macht aus dem Valle dei Mòcheni einen abgelegenen Ort, der jedoch eine ganze Zivilisation widerspiegelt.

Das Valle dei Mòcheni Tal: Zwischen Bauernhöfen, Bergwerken und alpinen Traditionen

Das bleibende Tal

Wer das Tal besucht, nimmt ein unauslöschliches Bild mit.
An diesem Ort ist die Vergangenheit nicht schwer, sondern lebendig; hier scheinen die Sprache, die Wälder, die Bergwerke zu flüstern: Hier bleibt man und lebt wirklich. Ein Tal, das sich nie bewegt hat und doch weitergegangen ist.
Eine Sprache, die nicht versucht hat, sich aufzudrängen, sondern einfach zu bleiben.

Vielleicht ist dies die eigentliche "Anomalie" des Valle dei Mòcheni: ein kleines Fleckchen Erde, das uns lehrt, langsamer zu werden, zuzuhören und sich als Teil einer größeren Geschichte zu fühlen.

Die Geschichte der Mòcheni ist keine Berglegende, sondern der Beweis dafür, dass selbst ein so kleiner Ort eine so große Zivilisation beherbergen kann.

La Valle dei Mòcheni

Zwischen Mythos und Realität
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Veröffentlicht am 25/11/2025