Ein Museum im Wald

Vom Museo Lusérn zum Sentiero dell’Immaginario, auf den Spuren der zimbrischen Kultur

In Lusérn kündigt Donnergrollen nicht nur ein Gewitter an, sondern auch eine Geburt. Hier oben in den Wäldern bringt nämlich die Frau Pèrtega die Kinder: sie bewahrt sie alle in kleinen Fässern in ihrer Höhle auf. Wenn ein Fass frei wird, spült die alte Frau es aus, und dabei kann es passieren, dass sie damit laut an die Felsen stößt. Und während der Donner zu hören ist, hält eine Mutter schon ihr Neugeborenes im Arm.

Das ist eine der Legenden, die man im Museo Lusérn entdecken kann, einem lebendigen Dorfmuseum, im dem man auch Waldluft atmet.

Der Besucherrundgang ist eine kleine Entdeckungsreise, die in den Räumen eines Steinhauses beginnt und weiterführt auf einem Waldweg, wo Lärchen und Tannen die Geschichte der Zimbern erzählen, den Holzfällern, die ihre Heimat in Süddeutschland verließen und nach Trentino zogen.

Museo Lusérn: Was es machen und zu sehen gibt, um die Zimbern kennenzulernen

Museo Lusérn: was es zu sehen gibt

 

 

Museo Lusérn 

Ausgangspunkt ist das im Ortskern von Lusérn, einem der schönsten Dörfer Italiens, gelegene Museum. Es bietet einen umfassenden Überblick über die Kultur, Geschichte und Traditionen der Zimbern.

Zur Ausstellung gehören traditionelle Kleidung und Gegenstände, lebensgroße Dioramen zur alpinen Fauna, Dokumentar-Videos, sowie ein Bereich, der die lokale Kupferbearbeitung in der Bronzezeit darstellt.

Ein Highlight des Museums ist die Dauerausstellung „Alfabeto della Grande Guerra. 26 lettere per non dimenticare“ (Alphabet des 1. Weltkriegs. 26 Buchstaben der Erinnerung). 26 je mit einem bestimmten Wort beschriftete Särge werden zu Schaukästen für Gegenstände der Soldaten aus der Kriegszeit. Gewehre, Postkarten, Kleiderbügel, Medikamente. Hier bleibt kein Raum für Kriegsrhetorik – es ist eine ehrliche, schonungslose Darstellung des Krieges.

Museo Lusérn: Was es machen und zu sehen gibt, um die Zimbern kennenzulernen

Geschichte auf einem Leintuch

Unter allen Ausstellungsstücken des Museums erzählt ein großes Leintuch die Geschichte von Lusérn und seinen Bewohnern besonders gut: es wurde früher verwendet, um darin Heu von den Wiesen nach Hause zu bringen und auf den Heuboden zu hieven. Diese Arbeit, bei der sich die ganze Familie beteiligte, wurde zu verschiedenen Jahreszeiten verrichtet.

Ein einfaches Hilfsmittel, das an das beschwerliche Leben der Menschen im Kreislauf der Jahreszeiten erinnert - hier oben in den Bergen gibt es nach wie vor vier davon…

Museo Lusérn: Was es machen und zu sehen gibt, um die Zimbern kennenzulernen

Museo Lusérn: was es zu machen gibt 

 

 

Einblicke in die Kunst des Klöppelns!

Zu den Stärken des Museums gehören zahlreiche Initiativen, die es lebendig gestalten: von temporären Ausstellungen zu spezifischen Themen rund um die Welt der Zimbern, wie die Ausstellung über Frauen, Arbeit und Berge, bis zum in Zusammenarbeit mit dem Zimbrischen Institut veranstalteten Klöppelkurs, bei dem man die Fertigung von Spitzen lernen kann, eine früher typische Handarbeit der Frauen des Dorfs.

Für Kinder gibt es schulische Initiativen und lehrreiche Workshops, bei denen man den Wald und seine Bewohner kennenlernen oder mehr über die zimbrische Sprache, ihre Traditionen und Legenden erfahren kann.

Museo Lusérn: Was es machen und zu sehen gibt, um die Zimbern kennenzulernen

Museumshaus – Haus von Prükk

 

 

Museumshaus – Haus von Prükk 

Zur zweiten Etappe folgt man den Dorfstraßen bis zum Haus von Prükk, einem Museumshaus, in dem man einen Einblick in das Leben einer Zimbrischen Bauernfamilie im 19. Jh. gewinnt.

Museo Lusérn: Was es machen und zu sehen gibt, um die Zimbern kennenzulernen

Zimbrischer Phantasiepfad

 


TSentiero dell’Immaginario (Zimbrischer Phantasiepfad)

Ohne einen Spaziergang durch den Wald kann man ein von Holzfällern abstammendes Volk allerdings kaum wirklich kennenlernen. Dritte Etappe des Besuchs ist daher der Sentiero Cimbro dell’Immaginario, ein 6,5 km langer, leicht begehbarer Wanderweg, auf dem man in ca. zwei Stunden vom Dorfkern aus die Wälder und Weiden bei Lusérn erkunden kann.

Entlang der Strecke stehen verschiedene Holzskulpturen von lokalen Künstlern, die von den Legenden und Märchengestalten der zimbrischen Volkstradition inspiriert sind. Eine davon ist die Frau Pèrtega, von der wir zu Beginn gesprochen haben. Diese und andere Geschichten gibt es Schritt für Schritt zu entdecken.

Museo Lusérn: Was es machen und zu sehen gibt, um die Zimbern kennenzulernen

Werk Lusérn

 

 

Werk Lusérn

Abschließend sieht die der zimbrischen Kultur gewidmete Tour einen kleinen Abstecher vom Sentiero dell’Immaginario zum Forte Campo – Werk Lusérn vor, einem Schauplatz des 1. Weltkriegs.

Es war eine der sieben imposanten Festungsanlagen, die die Österreicher zwischen 1907 und 1912 auf den Hochebenen von Folgaria, Lavarone und Lusérn errichteten, um sich im Kriegsfall gegen italienische Durchbruchsversuche zu verteidigen. Aufgrund seiner ehrfurchtserbietenden Imposanz von den italienischen Soldaten „Padreterno“ (Gottvater, Allmächtiger) genannt, wurde das Werk zum Zeugen der Auseinandersetzungen in diesem Grenzgebiet, und der Flucht der Lusérner, die ihre unter Bombenschuss geratenen ihre Häuser in aller Eile verlassen mussten.

Auch das ist ein Kapitel in der Geschichte der Zimbern, deren Erzählung im Museum beginnt und sich draußen in Lärchen- und Tannenwäldern fortsetzt.

Museo Lusérn: Was es machen und zu sehen gibt, um die Zimbern kennenzulernen

Betreten Sie ein anderes Museum

Veröffentlicht am 25/08/2025